Die Rauminstallation Gazing at the Glazing besteht aus 60 handelsüblichen Riot-Schildern, wie sie weltweit von polizeilichen Behörden zur Kontrolle von Menschenmassen  verwendet werden. Kreuzförmige Edelstahlhalterungen, die durch Edelstahlseile miteinander verknüpft sind, verbinden die einzelnen Schilder zu einem monumentalen Fassaden-Fragment. Bedingt durch das eigene Gewicht, scheint die flächige Konstruktion sich zu entfalten und gleichwohl im Begriff zu kollabieren.

 

Gazing at the Glazing bewegt sich zwischen Architektur und Skulptur, indem es  funktionale und autonome Momente beider Kategorien zusammenführt. Die Konstruktionsweise ist einer rahmenlosen Glasvorhangfassade entlehnt, wie sie 1986 erstmalig für das Cite des Sciences et de l´Industrie  von Adrien Feinsilber und RFR in Paris entworfen wurde. Das Technische Museum ist jedoch nicht bloß Bauwerk und bildet als solches einen technologischen Höhepunkt in der Errichtung von Glasfassaden; es ist auch Bauteil des politischen Programms Grands Projets von François Mitterrand. In dieser Hinsicht ist das Gebäude ein Ideengeber institutioneller Architektur. Das CDU-Gebäude oder das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin reihen sich diesem an und sind Beispiele für die politische Dimension von transparenter Architektur und ihre repräsentative Bedeutung.

 

Die Umsetzung des Projektes erfolgte mit der externen Unterstützung von Prof. Dipl.-Ing. Architekten Carsten Wiewiorra, der mich bautechnisch begleitet und fachspezifisch beraten hat. Durch die Zusammenarbeit haben sich funktionale und formale Aspekte der Arbeit enger verkettet, um diese schließlich ihrer Form nach als Teil des architektonischen Kanons lesbar zu machen. Doch was macht Architektur zu Architektur und woraus besteht ihr Vokabular?

 

Laut der Analyse von Andrea Kahn „the idea in a vital strain of postmodern design [is] that architecture should look like architecture”.In ihrem Essay „The Invisible Mask“ kritisiert sie die moderne Kultur für ihre explizite Beschäftigung mit dem Sichtbaren und ihr Ignoranz gegenüber der tieferen politischen Natur von Architektur: die Disziplinierung von Raum[1]. Gazing at the Glazing spielt mit dieser Kritik und unterwandert das architektonische Objekt durch Mimese. Es spricht in seiner Formsprache und entzieht ihm zugleich die wichtigsten architektonischen Funktionen: Stabilität und Schutz. Im Prozess des Kollaps wird die Grenze zwischen Innen und Außen, privaten und öffentlichen Raum, die an Architektur “unlösbar gebunden bleibt”[2] aufgehoben. Die Dekonstruktion architektonischer Praxis ist gleichermaßen eine Kritik an ihrer repressiven Funktion und eine künstlerische Strategie sie über ihre Repräsentationstechnik hinaus zu denken.

 

 

 

 

 

___________________________________________________________

 

[1]Kahn, Andrea, The Invisible Mask, in: Drawing, Building, Text, hg. von Kahn, Andrea, New York 1991, S.85.

[2]Philipp, Klaus Jan, ArchitekturSkulptur. Die Geschichte einer fruchtbaren Beziehung. Stuttgart Berlin 2002, S.15.

 

 

<<< ZURÜCK